In einer Stadt, dank moderner Transportwege, nicht ganz so weit weg, begab es sich, dass vor langer langer Zeit ein schmutziger Stadtteil im Osten besondere Aufmerksamkeit erlangte.Von den Menschen, die sich auf Grund der exorbitanten Mieten andere, weniger schmutzige Stadtteile nicht leisten konnten, machten einige wenige auf sich aufmerksam indem sie etwas taten was viele Menschen ohne Geld tun ( so heißt es zumindest immer, und Erfahrung zeigt es ist häufig wahr), nur taten sie dies erfolgreich:
Kunst. Wie in solchen Kreisen üblich, suchte man sich Orte an denen man sich mit gleichgesinnten treffen konnte ohne geschröpft zu werden. Die ersten Künstler Bars und Cafés entstanden und andere aus anderen stinkenden Stadtteilen wurden magisch angezogen, da sie Gleichgesinnte vermuteten. Schon bald entstand das was man so gerne eine Szene nennt, und mit ihr kamen all jene Paradiesvögel die sie als solche erst wirklich interessant und schätzenswert machen (siehe Foto).
|
by Tom Medwell |
|
Es kam wie es kommen musste: Schon bald wurde darüber berichtet, kamen Leute die zwar viel Geld aber wenig eigenen Antrieb haben um sich in der Kreativität anderer zu sonnen. Das Problem war allerdings, dass sie meinten sie müssten den ach so begehrenswerten Lebensstil nicht nur kurzfristig adaptieren, sondern für sich beanspruchen, und so zogen sie in den wirklich schlimm riechenden Stadtteil, obwohl es ihnen in den sauberen Orten (die aber langweilig waren), in denen sie bisher lebten, gut ging. Das sorgte nicht nur dafür, dass die Vermieter, die bisher ihre Rattenlöcher kaum mit finanzkräftigen Mietern füllen konnten, ihre Forderungen nun ins Wahnsinnige treiben konnten, denn wie gesagt: die neue Schicht hatte mehr Geld als Verstand. Und eines ging ja nun wirklich gar nicht: wie kann man denn in einer Bar voller "cooler" Leute Bier in Dosen verkaufen? Und das für 2.50? Das zieht doch nur arme Menschen an! Und mit denen will man sich ja wohl nicht umgeben, wo käme man denn da hin?
Schon bald machten versiffte Teppiche Edlen Parkettböden platz, weichten die Bierdosen einer Weinkarte und blieben die, die diese Lokale erst interessant gemacht hatten fort, weil sie es sich schlicht nicht mehr erlauben konnten. Das Rattenloch, indem sie zuvor für 250 im Monat gehaust hatten, ging nun nicht für unter 600 weg. Unrenoviert und mit dem gleichen Uringestank versteht sich, schließlich muss es ja authentisch sein. Banker und Makler freuten sich in einer kreativen Ecke zu wohnen, mit all ihrem Geld konnten sie jetzt eine Zeit lang so tun als gehörten sie dazu, zu den Kids die nicht nur die neuesten Trends hatten, sondern diese häufig aus der Not heraus erfanden. Schließlich ist es einfacher und billiger eine zerrissene Strumpfhose zu Mode zu erklären, als sich jeden Tag eine neue zu kaufen.
|
Motte in Orange |
Unsere Freunde übersahen aber, dass die Kids schon lange abgewandert waren. Statt dessen kamen die Motten in orange, die sich von Geld magisch angezogen fühlen. Das gab dem ganzen den Rest, denn damit sich die Motte wie in ihrem natürlichen Habitat fühlt, braucht es vor allem drei Dinge: 1. Mann mit Geld und Bedürfnissen aber wenig Anspruch (also viele) 2. klebrige Drinks die nicht nach Alkohol schmecken aber viel davon enthalten (also Cocktails) und 3. schlechte Musik die zu besonders obszönem Arsch- und Brustgewackel einlädt.
Damit war der Wandel vollzogen, ein weiterer Ort Opfer des urbanen Pilzes der sich Schimmel gleich durch die Städte zieht.
Man zieht weiter in der Gewissheit dass das neue nach Urin stinkende Rattenloch auch bald außerhalb des Budgets liegt, was einen bitteren Geschmack hinterlässt je mehr man darüber nachdenkt. Mittlerweile liegt der Mietpreis in Rattenloch - Mottingen weit über dem der angesehensten Stadtteile, die aber immer noch unerschwinglich sind, schließlich ist deren Mietpreis nicht runter gegangen.
Und in mein Zimmer passt nicht mal ein Schreibtisch. Wollte ich auch nur mal gesagt haben.
Leute in Berlin sollten sich das ganz besonders gut durchlesen, wenn stimmt was ich ich gehört hab, dann dauert es nicht lange bis viele ein ähnliches Schicksal ereilt.