Wednesday 15 February 2012

Trotzky

Auf der Insel heute großer Aufschrei:
Whitney Housten war Lesbe!
Meine natürliche Reaktion zum Thema:
Na und?
Leider scheinen das nicht alle so gelassen zu nehmen. Peter Tatchell, der hierzulande als einer der Vorreiter der Gleichberechtigungsbewegung gilt, hat es doch tatsächlich gewagt, zu sagen, Whitney sei in einer lesbischen Beziehung am glücklichsten gewesen.
Auch hier meine Reaktion: na und?
Problem bei denen, die jetzt zeter und mordio schreien: Er hätte taktvoller Weise bis zumindest nach der Beerdigung warten sollen, bis er diese ach so schocking News unter die Leute bringt.
Rekapitulieren wir: Popstar stirbt nach jahrelangem Drogenmissbrauch viel zu jung.
Aber die wahre Tragödie ist, dass sie eventuell lesbisch war?
Wieso sollte man diese "Tatsache" sofern es denn stimmt, verheimlichen, als sei es ein kleines, schmutziges Geheimnis, für das man sich schämen müsste, oder noch schlimmer: das im Nachhinein das Andenken an den verstorbenen Menschen beschmutzt.
Das macht mich traurig. Drehten wir die Sachlage um, so mit Whitney als geoutete Lesbe, deren heimliches Drogenproblem zu Tage gefördert worden wäre, so hätte ich die Reaktion noch verstanden. Wie Tatchell es selbst getweetet hat:

"Shocked that many  fans think it's an insult to say she loved a woman     "

Fans wohlgemerkt, die ihre Drogenabhängigkeit zumindest toleriert haben. Drogen also kein Problem, aber dass sie eventuell eher auf Frauen stand muss verschwiegen werden?

Und wieso produziert eine Nachricht wie: XY steht auf Frauen/Männer" immer noch Wellen?
Kann ich dann bitte auch baldigst Newsflashs alla "Schockhorror! Jennifer Aniston steht auf Männer!" haben?
Und wenn wir schon mal dabei sind: Kann man sich vielleicht generell mal weniger mit dem beschäftigen, was bei anderen Leuten im Schlafzimmer passiert, oder besser: Entspannter damit beschäftigen, was bei anderen im Schlafzimmer passiert?
Können wir einfach mal akzeptieren, dass der Mensch nun mal nicht nach Schema X funktioniert und nicht funktionieren kann? Dass man einfach keinen Einfluss darauf hat, in wen man sich verliebt?
Und dass es doch eigentlich auch gar keine Rolle zu spielen hat (außer für die direkt Betroffenen), wen man sich da ausgesucht hat.
Die wahre Tragödie an der ganzen Sache ist doch (vorausgesetzt das stimmt so alles), dass es hier um jemanden geht, der geglaubt hat, diesen wichtigen Teil der eigenen Persönlichkeit verstecken zu müssen.

Gestern zum Beispiel war Steve McQueen's und mein 1. Jahrestag. Es war perfekt. Ich war rundherum glücklich und dachte noch vor mich hin, dass es schön wäre, wenn es allen Menschen, die ich mag, wie mir ginge. Tut es aber nicht, und kann es auch noch nicht, solange Freunde von mir, die es in allen Formen und Farben, und allen Orientierungen gibt, selbst im besten Fall immer noch überlegen müssen, wie sie ihren Eltern sagen, dass der neue Freund eine Freundin ist, anstand einfach sagen zu können: Ich bin verliebt! Und mit nichts anderem als geteilter Freude rechnen müssen.
Solange man sich überlegen muss, ob man Schläge riskiert, wenn man sich auf offener Straße küsst.
Ob man im Beruf benachteiligt wird, weil man mit einem Mann zusammen wohnt.
Freunde, immer wieder gefragt werden, wie das denn so sei, mit einem Partner gleichen Geschlechts, und ob das nur eine Phase ist (Mal ehrlich, wie viele von euch, die hetero sind wurden das schon mal gefragt)?
Solange es die Unbeschwertheit frisch verliebter Pärchen denen vorbehalten bleibt, die dem Schema X entsprechen, werden alle anderen mit oben Genanntem (und noch mehr) zumindest in Teilen konfrontiert. Was bedeutet, dass sie zwar in jedem Fall glücklich sein können und hoffentlich auch sind, aber eben TROTZ dieser Umstände.

Und dieses dumme TROTZ hätte ich gerne beseitigt. Genauso wie die Umstände.

Damit wir alle ungehindert dessen, zu wem es uns zieht, mitten in der Nacht angeheitert und glücklich durch die Straßen tanzen können, ohne auch nur eine Sekunde an Gedanken verschwenden zu müssen, die überhaupt keine Daseinsberechtigung haben.
So wie ich gestern.

6 comments:

  1. Ich dachte, die Insel beschäftigt sich gerade mit der Frage, wieso immer nachdem ein bestimmter englischer Fußballspieler (Namen hab ich vergessen) ein Tor geschossen hat, ein Prominenter verstirbt.

    Ich meine: stirbt nicht eigentlich immer irgendwo irgendein Prominenter?

    Na egal, finde jedenfalls gleichgeschlechtliche Liebe auch eher unspektakulär und wünschte mir, dass diese - genauso wie die Tatsache, dass es Menschen gibt, die einfach keine Kinder wollen - einfach im besten Sinne weniger Beachtung findet bzw. genauso viel oder wenig sie heterosexuelle.

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  2. Um das sterben von XY geht's mir ja auch gar nicht, sondern um den Bohai(Bohei?) der darum gemacht wird, wer mit wem. Der Tod von Whitney Houston war nur heute Aufhänger für diese Geschichte, und daraus entstand dann die Welle der Entrüstung des Tages.


    Wo ich mir halt einfach denke: Tut das denn Not?

    Wie man in meiner Heimat sagt: Et kütt wie et kütt und Jedem Dierche sin Pläsierche.

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  3. Also ich muss sagen dass mich gleichgeschlechtliche Liebe immer noch etwas fasziniert. Ich akzeptiere es voll und ganz, aber ich bin auch eine die wissen will wie das so ist. Ich meine ich bin in einer Zeit großgeworden in der Homosexualität noch ein Tabu war (zumindest bei uns auf dem Dorf) und ich musste in dieses Thema auch erst reinwachsen.
    Nicht falsch verstehen, ich gönne allen Menschen die Liebe!! Es gibt aber nun mal kulturelle Umfelder die einen prägen und davon muss man sich erst mal freiboxen und anfangen sein eigenes Hirn zu benutzen.

    Insofern wundert mich das post mortem Outing schon etwas. Es zeigt mir wie tabubehaftet dieses Thema (vor allem im Showbiz) immer noch ist. So sehr, dass ein Mensch nicht zu etwas stehen kann was doch alle Welt als ach so "is doch nicht der Rede wert" beurteilt. Die Realität sieht glaube ich leider jedoch anders aus.

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  4. Der ganz dicke Unterschied ist dabei, ob jemand fragt, weil er sich interessiert und versucht zu verstehen, oder ob da sensationsgeil nachgebohrt wird, weill man das 1) vielleicht etwas abstoßend findet oder 2) sich eigentlich dran aufgeilt (vor allem Freundinen von mir berichten a öfter von, dass sich Typen da ganz dreist hinstellen, intime Details erwarten. in der Hoffnung, man könne das mit dem Lesbentum schnell ändern, wenn sie sich von ihnen überzeugen ließen.


    Das meinte ich damit, nur um das zu klären :)

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  5. Ich bin schockiert. Whitney Houston hatte eine lesbische Beziehung? Ich weiß nicht, wohin das noch führen soll, wenn so etwas auch noch öffentlich gemacht wird.
    Boah, nein, ganz ehrlich... ich bin seit drei Jahren glücklich mit einer Frau verheiratet und finde es schade, dass es so viele Menschen gibt, die sich verstecken müssen oder nur meinen, es zu müssen.
    Ich habe mich mit 12 bei meiner Mutter geoutet, mit 16 beim Rest der Welt und hatte das große Glück, ein Umfeld zu haben, dem es am wichtigsten war, dass ich glücklich bin und das mit wem (wenn es nicht gerade die Kuh Elsa gewesen wäre) zweitrangig (wenn überhaupt) war.
    Ich bin immer offen damit umgegangen und tue es nach wie vor. Und ich stelle fest, dass ich auf den Satzanfang "Meine Frau..." immer seltener höre "Ach, du bist mit einer Frau verheiratet?" oder "Wie, das geht?".
    Für die Menschen in meiner Umgebung ist es normal und das ist schön. Und es ist ja auch normal.
    Und diejenigen, die es stört? I really don't care, das wären keine Menschen, mit denen ich näheren Kontakt möchte... oh je, ich merke gerade, ich sollte darüber wohl selbst mal bloggen...

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  6. Für mich ist das so belanglos wer mit wem und warum, dass es mich immer wieder verwundert, wie viele Menschen Energie daran verschwenden, sich über das Liebesleben anderer aufzuregen.

    Wenn jemand glaubt, seine Beziehung nicht öffentlich machen zu können, dann hat das ja leider oft auch mit dem zu tun, wie man seine Umgebung wahr nimmt.

    Mich stört halt, dass es immer noch Leute gibt, die sich daran stören.

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